Herabstufung von Pflegegeld

An die Volksanwaltschaft

Zu Ihrer Pressemitteilung OTS 0037 vom 2.5.22 (Bürgeranwalt ORF, 30.4.22) sei Folgendes festgestellt:

  1. Die Regeln, mit denen die Höhe des Pflegegeldes (die Pflegestufe) festgelegt werden, zielen nicht auf körperliche oder auf psychische Beeinträchtigungen und Erkrankungen ab, sondern ausschließlich auf den konkreten Betreuungs- und Hilfsbedarf u.zw. unabhängig von der Ursache der Pflegebedürftigkeit. (§ 1 BPGG)
  2. Das Pflegegeld hat den Zweck, pflegebedingte Mehraufwendungen pauschal abzudecken; es stellt jedoch nur einen Beitrag zur Finanzierung der Pflegeleistungen dar [§ 1 BPGG, Greifeneder-Liebhardt, Pflegegeld (2013) RZ 28].
  3. Dissimulation von PatientInnen (auch bei dementiellen Erkrankungen) ist ÄrztInnen für Allgemeinmedizin, die Einstufungsgutachten nach dem BPGG erstellen, wohl bekannt.
  4. Die Forderung des Hr. Volksanwalt Achitz, dass die PV besser auf die Spezialisierung der Gutachter*innen schauen müsse, erhebt den unberechtigten Vorwurf, dass Entscheidungsträger ihrer Verpflichtung zur Schulung von Gutachterärzt*innen nicht nachkämen [Greifeneder-Liebhardt, Pflegegeld (2013) RZ 760 – 762] vgl. https://www.oebak.at/pflegegeldeinstufung/.
  5. Pflegegeldgutachter*innen kennen die Verpflichtung und kommen dieser auch nach, während der Befundaufnahmen Vertrauenspersonen die Anwesenheit zu ermöglichen und diese anzuhören. [Greifeneder-Liebhardt, Pflegegeld (2013) RZ 763]. In dem in der Sendung Bürgeranwalt geschilderten Fall, legte der Gatte der Betroffenen aber offenbar keinen Wert darauf, während der Begutachtung anwesend zu sein und den Gutachter mit notwendigen Zusatzinformationen zu unterstützen.
  6. Ad Einstufungsverordnung: Die Stundenwerte für Hilfen sind Fixwerte § 2 Abs 3 EinstV. Richt- und Mindestwerte für Betreuungsaufwand sind ebenfalls nach § 4 BPGG geregelt [Greifeneder-Liebhardt, Pflegegeld (2013) RZ 342-345].
  7. Die Ausführungen in Abs. 2 der Pressemitteilung diskriminieren ÄrztInnen für Allgemeinmedizin. Sie sprechen den für die PVA werkvertraglich tätigen Gutachterärzt*innen sowie den in der PVA tätigen Oberbegutachter*innen im Vergleich zu Pflegefachkräften sogar die Fähigkeit ab, richtige (vollständige und schlüssige) Einstufungsgutachten nach dem BPGG erstellen zu können.

Es ist nicht Unvermögen von Gutachterärzt*innen für Allgemeinmedizin, wenn ein korrektes, nach der geltenden Einstufungsverordnung bzw. nach dem aktuellen Konsensuspapier erstelltes Kalkül nicht den Wunschvorstellungen von PflegegeldwerberInnen entspricht.

Vielleicht halten sich Angehörige des Pflegedienstes nicht an die aktuellen gesetzlichen Vorschriften, sondern sie legen den Pflegebedarf gefälliger Weise nach Gutdünken („großzügig“) fest.

Erst wenn die Wünsche bzw. Forderungen des Herrn Volksanwalt (z.B. andere Bewertung von demenziellen Erkrankungen) in ein neues Gesetz gegossen sein werden, wird es unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auch Allgemeinärzt*innen möglich sein, andere Gutachten zu erstellen.

Was bedeutet das Ergebnis „Pflegestufe 0“ am Pflegestufenrechner?

Zeigt der Pflegestufenrechner von pflegestufen.at das Ergebnis „Pflegestufe 0“ an, dann bedeutet das, dass Ihre Antworten weniger als 65,5 Stunden Pflegebedarf pro Monat ausgelöst haben.

Der Anspruchsberechtigte bekommt aber, vielleicht sogar schon seit vielen Jahren, Pflegegeld

Der Rechner „weiß“ nicht für wen die Fragen beantwortet wurden und ob derjenige schon Pflegegeld bezieht. Genau so bewirkt auch jeder Antrag, Neuantrag wie Erhöhungsantrag, eine Neueinstufung ohne Rücksicht auf eine derzeit etwa zuerkannte Pflegestufe. Das heißt: Berechnet auch der neue Gutachter (so wie der Pflegestufenrechner) weniger als 65,5 Stunden Pflegebedarf, dann wird die Pflegestufe herabgesetzt und der Betroffene verliert das Pflegegeld – auch wenn er vielleicht schon jahrelang Pflegegeld bezogen hat.

Es ist also Vorsicht geboten bevor man einen Antrag stellt. Jeder Antrag kann zu 3 Ergebnissen führen: a) Gewährung – dann ist erreicht, was man wollte b) Ablehnung – dann bekommt man nicht, was beabsichtigt war; die Ablehnung bleibt aber im Pflegegeldakt des Betroffenen vermerkt, was in Zukunft negative Auswirkungen haben kann c) Herabstufung – man verliert, was man schon gehabt hat.

Gründe für Herabstufung

Der Zustand des Betroffenen wurde objektiv besser (z.B. durch neue Medikamente, durch Minderung ursprünglicher Beschwerden oder auch durch Heilung).

Die ursprüngliche Einstufung erfolgte zu einer Zeit, als entweder vom Gesetz her, oder vom seinerzeitigen Gutachter her, großzügiger eingestuft werden konnte als heute.

Der Anspruchsberechtigte bekommt tatsächlich noch kein Pflegegeld

Sei es, weil zuvor noch nie eingereicht wurde, oder weil die bisherigen Anträge immer abgelehnt wurden.

Jetzt entscheiden Sie über das weitere Vorgehen. Entweder Sie nehmen zur Kenntnis, dass entsprechend der rechtlich vorgegebenen Berechnung noch immer nicht genügend Pflegebedarf in Stunden pro Monat besteht, um Anspruch auf Pflegestufe 1 zu haben. Dann können Sie nach einiger Zeit nochmals mit dem kostenlosen Pflegestufenrechner von pflegestufen.at kontrollieren ob das Ergebnis schon Pflegestufe 1 anzeigt. Das Wissensportal pflegestufen.at ist bestrebt die Pflegestufenberechnung auch in Zukunft kostenlos zur Verfügung zu stellen. Solange das der Fall ist können Sie die Pflegestufe kontrollieren so oft Sie möchten.

Sie können aber auch mehr Information über die berechnete „Pflegestufe 0“ haben. Z.B.: wie viel Pflegebedarf in Gesamtstunden pro Monat hat die Berechnung ergeben. Daraus sehen Sie wie weit Pflegestufe 1 von den geklickten Antworten entfernt ist. Vielleicht haben nur ganz wenige Stunden gefehlt.

Sie können bei pflegestufen.at erfahren wie viel Pflegebedarf im Detail Ihre Antwort auf jede einzelne Frage des Rechners ausgelöst hat. Diese Information bringt Sie näher an das gewünschte Ziel. So können Sie auch Antworten optimieren.

Sie können den für den Betroffenen errechneten „Ist-Wert“ an Pflegebedarf auch mit dem für die Stufe 1 notwendigen „Soll-Wert“ an Pflegebedarf vergleichen. Den „Soll-Wert“ finden Sie bei pflegestufen.at sehr detailliert im e-Book für die Pflegestufe 1.

Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, im Anschluss an eine kostenlose Berechnung der Pflegestufe, Beratung zum Sondertarif zu buchen. Sie erfahren: Was ist möglich und was nicht, wie bekommt man rasch und sicher die höchste Pflegestufe, die einem zusteht.

Pflegegeld 2020

Vor der Wahl hat das Parlament einstimmig beschlossen, Pflegegeld in allen Stufen zu erhöhen. Ab 2020 gelten folgende Beträge:

Pflegegeld alt*)neu*)Diff/MoDiff/Jahr
Stufe 1157,30160,102,8033,60
Stufe 2290,00295,205,2062,40
Stufe 3451,80459,908,1097,20
Stufe 4677,60689,8012,20146,40
Stufe 5920,30936,9016,60199,20
Stufe 61.285,201.308,3023,10277,20
Stufe 71.688,901.719,3030,40364,80

*) Quelle: BGBl. II Nr. 348/2019 

eine Stufe höher

Für den Einzelnen ist die Erhöhung nur sehr bescheiden ausgefallen. Eine spürbare finanzielle Erleichterung wäre es dagegen, könnte er Pflegegeld der nächst höheren Stufe bekommen. Das würde ab 1.1.2020 bedeuten, bei

derzeitmehr/Momehr/Jahr
Stufe 0160,101.921,20
Stufe 1135,101.621,20
Stufe 2164,701.976,40
Stufe 3229,902.758,80
Stufe 4247,102.965,20
Stufe 5371,404.456,80
Stufe 6411,004.932,00

richtige Pflegestufe

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt zu prüfen, ob die aktuelle Pflegestufe noch richtig ist, oder ob der Pflegebedarf so weit gestiegen ist, dass schon eine höhere Pflegestufe gebührt.

Wäre da nicht das Risiko herabgestuft zu werden, weil diesmal ein „strengerer“ Gutachter kommt als letztes Mal, könnte man einfach einen Antrag auf Neubemessung stellen und so versuchen eine höhere Pflegestufe zu bekommen. Aber auch nur eine Ablehnung in Kauf zu nehmen ist nicht ratsam, weil das für immer im Akt vermerkt bleibt.

Bei www.pflegestufen.at ist soeben die Weiterentwicklung der Anwendung zur Berechnung der Pflegestufe live geschaltet worden. Die neue e-Book-Reihe mit dem Titel „so gibt es garantiert Pflegegeld der Stufe …“ gemeinsam mit der Möglichkeit Fragen, Antworten und dazugehörige Betreuungsstunden als PDF auszudrucken, sind wertvolle Hilfen, um den Pflegebedarf (“Stunden pro Monat”) noch genauer bestimmen zu können. Sie finden dort auch die 3 Schritte zur richtigen Pflegestufe.

Die Berechnung der Pflegestufe ist bei www.pflegestufen.at kostenlos. Sie kann anonym erfolgen und ohne die anspruchsberechtigte Person untersuchen zu lassen.

Es ist also egal wo in Österreich die pflegebedürftige Person wohnt, und von wo aus Kinder oder Enkelkinder ihr zum Pflegegeld der höchstmöglichen Pflegestufe verhelfen wollen. Die neue Version von pflegestufen.at macht das möglich.